BERICHT

Spieker: PID gefährdet die Demokratie
Eine Zulassung der PID habe „erhebliche Konsequenzen für den Rechtsstaat, seine Verfassung und seine Rechtsordnung“. Diese Ansicht vertrat der Osnabrücker Sozialethiker Manfred Spieker während der 9. Joseph-Höffner-Vorlesung, die er am Dienstag (7.6.) auf Einladung der Joseph-Höffner-Gesellschaft im Bonner Universitätsclub hielt. Eine Zulassung der PID widerspräche nicht nur den ersten drei Artikeln des Grundgesetzes, der Wahrung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1), dem Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 2) sowie dem Diskriminierungsverbot Behinderter (Art. 3 Abs. 3); sie gefährde auch das „Gleichheitsprinzip“, das ein „Pfeiler unseres Demokratieverständnisses“ sei.
Laut Spieker setze der demokratische Rechtsstaat die Gleichheit seiner Bürger voraus. Dabei gehe es nicht um „die soziale Gleichheit oder die Gleichheit der Anlagen, der Fähigkeiten oder des Vermögens“, wohl aber um die Gleichheit aller „vor dem Gesetz“. Dass Menschen „gezeugt und nicht erzeugt werden“, sei „Voraussetzung der prinzipiellen Gleichheit“, und gehöre zu den Grundlagen einer Demokratie. „Werden Menschen dagegen einer PID unterzogen, bevor sie die Lizenz zum Leben erhalten“, dann hänge, „ihr Leben vom Urteil und vom Willen des Reproduktionsmediziners ab, dem die Eltern die Ressourcen geliefert haben“.
Durch die PID gewöhne sich eine Gesellschaft nicht nur „an eine Einkaufsmentalität bei der Fortpflanzung“, sie öffne auch „das Tor zu einer eugenischen Gesellschaft“. Denn eine Reproduktionsmedizin, die den Menschen „nicht mehr als empfangenes Geschöpf, sondern als bestelltes Produkt betrachtet“, verändere auch die gesellschaftlichen Beziehungen. Der Mensch, der „gemacht“ wird, könne auch „zerstört“ werden. „Die Gemachten sind die Geschöpfe der Macher.“ Und dies zerstöre „die Symmetrie der Beziehungen, auf die jede Zivilgesellschaft und jede Demokratie angewiesen sind“, so Spieker.