BERICHT

 

Politiker legen Gesetzentwurf für PID-Verbot vor

Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien haben am Dienstag (8.2.2011) in Berlin einen Gesetzentwurf für ein umfassendes Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID) vorgestellt. Zu den Initiatoren des Gesetzentwurfs gehören unter anderem der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Johannes Singhammer, der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses Wolfgang Bosbach (CDU), Ex-Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen), Pascal Kober (FDP) und Katrin Vogler (Die Linke).

Wie es in den Einleitung zu ihrem Gesetzentwurf heißt, gefährde die Anwendung der PID „die Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt“ und erhöhe „den sozialen Druck auf Eltern, ein gesundes Kind haben zu müssen“. Dem halten die 22 Erstunterzeichner, zu denen neben anderen auch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und der Vorsitzende der Ärztevereinigung „Marburger Bund“ Rudolf Henke (CDU) gehören, entgegen: „Die Werteordnung des Grundgesetzes bestimmt ausdrücklich, dass jeder Mensch den gleichen Anspruch auf Würde und die gleichen unveräußerlichen Rechte auf Teilhabe besitzt. Dieses Wertegefüge würde durch die Zulassung der PID nachhaltig beschädigt werden. Aus ethischen und gesellschaftspolitischen Gründen ist die PID daher abzulehnen.“

Festschreiben wollen die Abgeordneten das Verbot der PID im Gendiagnostikgesetz (GenDG). Das im Februar 2010 in Kraft getretene GenDG regelt „die Voraussetzungen für genetische Untersuchungen“ und „Analysen“ sowie „die Verwendung genetischer Daten und Proben“. Erklärtes Ziel des Gesetzes ist es, „eine Benachteiligung auf Grund genetischer Eigenschaften zu verhindern“, um „insbesondere die staatliche Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Würde des Menschen und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren“.

Weil sich aber der Anwendungsbereich des Gesetzes bislang auf genetische Untersuchungen und Analysen beschränkt, die „bei geborenen Menschen sowie bei Embryonen und Föten während der Schwangerschaft“ durchgeführt werden, wollen die Initiatoren des Entwurfes für ein gesetzliches PID-Verbot den Anwendungsbereich des GenDG nun ausdehnen. Künftig soll das GenDG auch genetische Untersuchungen und Analysen regeln, die an künstlich erzeugten Embryonen durchgeführt werden können, bevor diese in den Uterus einer Frau transferiert werden. Sodann soll in das GenDG ein ausdrückliches Verbot der PID aufgenommen werden.

Die entsprechende Passage in dem Gesetzentwurf, der der Redaktion von „www.stopptpid.de“ vorliegt, lautet: „Eine vorgeburtliche Untersuchung an einem durch künstliche Befruchtung extrakorporal erzeugten oder einer Frau vor Abschluss seiner Einnistung in der Gebärmutter entnommenen menschlichen Embryo, die darauf abzielt, bestimmte genetische Eigenschaften oder das Geschlecht vor der Implantation zu erkennen (Präimplantationsdiagnostik), darf nicht vorgenommen werden.“ Reproduktionsmediziner, die gegen das Verbot der Durchführung einer PID verstoßen, sollen „mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe“ bestraft werden. Straffrei sollen dagegen die Eltern bleiben. Ausdrücklich heißt es in dem Gesetzentwurf: „Nicht bestraft werden die Personen, von denen die Keimzellen stammen, mit denen der Embryo erzeugt wurde.“

Ausführlich setzten sich Befürworter des Gesetzentwurfs für ein Verbot der PID auch mit ihren Gegnern auseinander, die bereits zwei Gesetzentwürfe für eine mehr oder weniger begrenzte Zulassung der PID vorgestellt haben. Unter der Überschrift „Alternativen“ heißt es in dem am Dienstag vorgestellten Gesetzentwurf: „Alle Regelungen mit dem Ziel einer beschränkten Zulassung der PID entgehen nicht dem Grundproblem der Entscheidung, welches Leben gelebt werden darf und welches nicht. Darüber hinaus ist eine Beschränkung auf einzelne Fälle faktisch unmöglich.“ So zeigten zu einem „internationale Erfahrungen die ständige Ausweitung der Indikationen“. Zum anderen sei der „Umgang mit den bei den Untersuchungen von Chromosomenanomalien zu erwarteten Nebenbefunden ungeregelt“. Ferner müsse davon ausgegangenen werden, dass es „wegen etwaiger Haftungsrisiken des Arztes“ die „Tendenz geben“ werde, „alle vorhandenen Informationen zu nutzen.“

Damit rücken die Befürworter eines gesetzlichen Verbots der PID ein bislang kaum beachtetes Problem in den Fokus. Denn angenommen eine Ethikkommission erteilte – wie in den beiden konkurrierenden Gesetzentwürfen vorgesehen – Eltern, die Gefahr laufen eine mit dem Leben unvereinbare Erbkrankheit auf ihre Kinder zu übertragen, tatsächlich die Erlaubnis zur Durchführung einer PID, um so sicherzustellen, dass die Frau ein lebensfähiges Kind gebiert. Dann würden in der Praxis alle im Labor erzeugten Embryonen dieses Paares einer PID unterzogen.

Dabei würden die Ärzte aber nicht nur jeweils feststellen, ob der betreffende Embryo einen letalen (zum Tode führenden) Chromosomenschaden aufweist, sondern auch, ob er andere, mit dem Leben durchaus vereinbare Beeinträchtigungen aufweist. Diese wird der behandelnde Arzt den Eltern aber aus ethischen wie aus Haftungsgründen kaum verschweigen können. Weil aber keine Frau gezwungen werden kann, sich einen solchen Embryo implantieren zu lassen, würde dies mit Sicherheit dazu führen, dass Reproduktionsmediziner faktisch auch lebensfähige Embryonen mit Beeinträchtigungen aussondern müssten, für welche die Ethikkommission die Durchführung der PID weder genehmigt hat noch genehmigt hätte.

 

Den am 8.2. vorgestellten Gesetzentwurf finden Sie hier.