AUFGELESEN
Meisner-Predigt sorgt für Kontroverse
Die Predigt, die der Kölner Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, am 28.12.2010 im Kölner Dom hielt, hat unter Politikern und protestantischen Theologen eine heftige Debatte ausgelöst. Während der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer den Rücktritt Meisners forderte, verteidigte der Kölner Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90 /Die Grünen Volker Beck den Kardinal.
Im „Mitteldeutschen Rundfunk“ kritisierte der evangelische Theologe Schorlemmer bei der „theologischen Erzählung“ des von König Herodes befohlenen Kindermords gehe es um einen „Genozid an gesunden Kindern“. Daher sei ein Vergleich mit der PID „geradezu absurd“. Schorlemmer warf Meisner vor, Befürworter der PID „auf üble Weise“ diffamiert zu haben. Ferner unterstellte Schorlemmer Meisner „theologische Demenz“.
Zustimmung und Unterstützung erhielt der Kardinal dagegen aus der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK). SELK-Ökumenereferent Propst Gert Kelter erklärte, Meisner habe „völlig zu Recht warnend auf systematisch-denkerische Gemeinsamkeiten zwischen den Voraussetzungen und Kriterien für die Anwendung der PID und den herodianischen Voraussetzungen und Kriterien für den Kindermord von Bethlehem hingewiesen.“ Dagegen müsse sich Schorlemmer fragen lassen, ob er die Auffassung vertrete, dass ein Genozid an kranken Kindern zulässig sei und welcher Ethik er sich verpflichtet wisse. Der lutherischen Freikirche SELK gehören in Deutschland rund 200 Gemeinden mit mehr als 35.000 Gläubigen an.
Kritik an Meisner übte auch die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Ursula Heinen (CDU). Dem „Kölner Stadtanzeiger“ sagte die CDU-Politikerin, die zu den Initiatoren eines Gesetzentwurfs zählt, mit dem die PID in Deutschland zugelassen werden soll, sie wünsche sich von der katholischen Kirche eine helfende und keine abweisende Hand. Der Parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen nannte die Kritik Heinens dagegen „unverständlich“. Die PID ziele auf die Selektion und Tötung von Embryonen. Beck empfahl Heinen in der Tageszeitung „Die Welt“, die eigene Position zu überprüfen, statt sich über die Überbringung schlechter Nachrichten zu beschweren.